Trigger

Ich zittere, und spüre diesen Druck hinter meinen Augen.  Immer mehr lerne ich,  welche Situationen mich triggern.

Reibe meine Augen, des Druckes wegen.

Meine Große hatte immer schon, neben der Schlafsache, ein Problem mit der oralen Phase. Sie war weitaus länger und intensiver als es der Normalfall wäre. Ich habe immer mir die Schuld gegeben, weil ich nicht früher erkannt habe, was hier ablief, und ich sie daher lange nicht richtig davor beschützen konnte.

 

Gerade vorhin hat sie etwas wieder in den Mund genommen. (sie wird bald sechs Jahre alt....)

Und dieses Geräusch wenn sie dann etwas in ihrem Mund rumschiebt und rumlutscht, ist mir ein Horror.

Bis vorhin war mir das gar nicht richtig klar, warum ich immer so unverhältnismäßig reagierte, wenn sie so etwas tat.

Plötzlich wurde mir schlagartig klar, was mich dermaßen abstieß an diesem Geräusch. Es muss ein Trigger sein. Klingt ähnlich wie wenn man im Stillen ein Paar mit Zunge rumknutschen hören würde.

Dieses Schmatzen, lutschen, im Mund hin und herschieben, all diese Geräusche dazu, ertrage ich kaum.

Mein Kopf wird schwer, die Augen drücken von hinten, mich graust es immens. Aber es kommt auch Zorn hoch. Richtige geballte Wut, die ich kaum unter Kontrolle habe, es deshalb sofort verbieten muss, oder auch einfach den Raum verlassen musst, wenn sie nicht sofort auf mich hört.

Mir ist klar, dass es ihr ein Bedürfnis ist. Eine Art mit all den Kilos die ihrer kleinen Seele aufgebürdet worden sind, durch meine Schicksalsschläge, damit umzugehen. Ihre Schlafprobleme, ihre Essensprobleme, dass sie jetzt mit fast sechs Jahren immer noch gerne an etwas feste rumlutscht,.... ich kann nicht anders, ich habe einfach das Gefühl, es ist alles meine Schuld. Auch wenn es damals aus Unwissen geschah, ich nicht erkannte was mein Mann mit uns machte, ich einfach trotz aller Probleme mit meiner Mutter, sie noch zur Oma machen wollte,.... es ändert nichts daran, dass sie in eine Welt geboren wurde, in welcher ihre Mama im psychischen Krieg an der Front stand.

Jeden Tag  aufs Neue, versuche ich es wieder gut zu machen. Mit Einfühlungsvermögen, mit Nähe, Geborgenheit, aber auch Konsequenz und Strenge, die die Kinder auch als Halt brauchen. Es ist nicht einfach, aber meine Kinder sind mein höchstes Gut. Mein Wichtigstes in meiner Welt.

 

Sie lutscht da also rum, und ich verstehe ihr Bedürfnis dazu (wurde alles schon mal mit Psychologen abgeklärt und kommt auch nur noch sehr selten vor).

Trotzdem ertrage ich es kaum. Es tut mir fast körperlich weh, wenn ich solche Mundschmatzlutschgeräusche höre....

Versuche ihr soviel wie möglich zu erklären, aber so etwas kann man kaum erklären, wie denn einem kleinen, unschuldigen Mädchen??

 

Solche Triggermomente sind schrecklich. Man ist so hilflos, weil sie auch so unerwartet kommen. Von einer Sekunde auf die andere.

Ich liebe meine Kinder so sehr, ich muss mir etwas überlegen, damit sie weiß, ich ekle mich nicht vor ihr. Das muss sie wissen, das ist doch wichtig. Kenne ich doch selbst das Gefühl, wenn man glaubt, andere ekeln sich vor einem, gar die Mutter. Es ist grausam.

 

Mittlerweile reicht es, wenn ich die Mieter im gleichen Haus höre. Wenn ich auch nur ansatzweise glaube, sie würden zB unerlaubt auf unserem Parkplatz parken, zieht sich alles in mir zusammen.

Dann schau ich heimlich, aber da steht kein Auto. Doch mein ganzes Alarmsystem ist schon am Laufen, wenn auch sinnloser Weise...

Allein ihr Anblick ist dann schwer. Nur weil sie da auf meinem Parkplatz stehen und sich mit einem Besuch unterhalten, den sie gerade verabschieden. Ich gehe ihnen aus dem Weg so gut es geht. Sage meist nie etwas, auch wenn sie Grenzen überschreiten. Sie können nichts für mein Problem. Wenn ich sie sehe, dann rede ich  mit ihnen, grüße sie, als wäre nichts. Sie würden niemals ahnen, was alles in mir vorgeht. Auch wenn ich ihnen zum besseren Verständnis auch schon Dinge über mich anvertraut habe, kann ein Mensch der nichts über eine posttraumatische Belastungsstörung weiß, sich nie damit eingehender befasst hat, nicht mal annähernd erahnen, wieviel Angst, wieviel Schmerz, wieviel Scham, wieviel schwarze, schwere Gefühle man mit sich herum tragen muss.

Wenn ich es mir bloß leisten könnte, nicht mehr zu vermieten. Wie ich das psychisch weiter verkraften soll, ist mir momentan ein Rätsel....  ich reagiere immer öfter unverhältnismäßig stark, dass es alles beeinflusst in meinem Leben. Sich überall reinschlängelt, wie viele kleine, eklige Maden...

 

Eine andere Seite in mir (derzeit etwas klein gehalten), sieht aber das Licht.

Dass wir in den nächsten Monaten in den hinteren Bereich des Hauses ziehen werden, und ich somit kaum noch in Kontakt mit den Mietern kommen werde. Dass mein Mann sich endlich dazu bereit erklärt hat, alle Hausmeistertätigkeiten zu übernehmen. Ich muss mich nur noch um die Verträge und Betriebskostenabrechnungen kümmern. Das sind Computerarbeiten. Alles andere macht nun er.

Da ist halt dieser kleine Stich im Herzen, warum er es erst jetzt für mich tut, kennt er meine Not dahingehend doch schon so lange. Viele Jahre bald. Ich hab ihm diesmal, als ich dachte ich ertrage es nicht länger, 100 Euro im Monat angeboten. Er solle es nur bitte, bitte endlich übernehmen.

Nun, das Gute daran ist, er kann es mir niemals vorwerfen, egal was kommt. Er wurde ja schließlich dafür bezahlt, und das sehr gut.

Irgendwo auch verständlich, schließlich sind es meine Mieteinnahmen, und er soll ja einen Lohn für seine Arbeit erhalten.

 

Ich wünsche ein schönes, langes Wochenende,

eure Smart Craving

 

 

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