Es ist nicht deine Schuld!

Ich habe ein Buch: "Was ist bloß mit Mama los" von Karen Glistrun , Knut Krüger und einem Vorwort von Jesper Juul.

Kann es wärmstens weiter empfehlen. Laut Buch kann man mit Kindern ab drei Jahren schon damit "arbeiten". Bin jetzt nicht unbedingt dieser Meinung, fange erst jetzt damit so richtig an, und meine Große wird bald sechs Jahre alt.

Selbst für sie, ist es manchmal noch schwierig zu verstehen.

Nichts desto trotz, nahmen wir es in die Hand, und es hat uns auch schon geholfen. Wir kamen ins Gespräch und ich stellte behutsam Fragen über mich, wie sie mich wahrnimmt, wie sie ihre Eltern sieht, wie sie sich selbst damit fühlt. Dafür habe ich noch Gefühlskarten gekauft, mit wirklich ausgesprochen süßen Bildern. Meine Große ist ganz begeistert davon, liebt sie, und redet dann sehr gerne über ihre Gefühle.

 

Immer wieder mal versuche ich ihr zu vermitteln, dass das nicht ihre Schuld ist, wenn es der Mama nicht gut geht, oder wenn Mama und Papa mal zu laut streiten. In den letzten Wochen ging es wieder stetig bergab mit meiner Psyche und ich bemerkte, wie meine Große wieder vermehrt Dinge in den Mund steckte, daran rumlutschte, manchmal richtig heftig, um sich zu beruhigen. Sie spürt ja alles, sie bekommt alles mit.

Vorgestern Abend, saßen wir deshalb im Bett, blätterten in diesem Buch. Sie hat mir beigebracht, dass man es nicht oft genug sagen kann. Deutlich, nicht umschrieben. In klaren Worten, damit es ihr kindlicher Verstand immer und immer wieder aufnehmen kann.

Es ist NICHT deine Schuld.

Ich fragte sie, während eine Hand das Buch hielt und der andere Arm um ihre Schulter geschlungen war, weil sie sich an mich gekuschelt hatte, ob sie denn glaube, so wie das Mädchen in diesem Buch, dass es mit ihr zu tun habe, wenn es mir schlecht geht. Wenn ich zu abwesend wirke, oder zu ungeduldig und somit zu laut werde.  Sie schaute mich nicht an, aber nickte bestimmt mit dem Kopf.

Ich nahm ihr Gesicht in meine beiden Hände, schaute ihr tief in die Augen und sagte zu ihr unmissverständlich: "es ist NICHT deine Schuld, mein Schatz. Je älter du wirst, desto mehr, desto besser kann ich dir erklären was in mir genau vorgeht. Aber wenn es mir nicht gut geht, hat das NICHTS mit dir oder deiner Schwester zu tun.

Es ist so etwas ähnliches wie eine Krankheit, was ich in meinem Kopf habe. Du  musst keine Angst haben, der Mama kann da nichts passieren. Es ist nur so, dass ich dadurch nervöser bin, oder manchmal ungeduldiger bin als die meisten anderen Menschen. Du kannst überhaupt nichts dafür, und es liegt auch nicht an dir. Hast du das ein bisschen verstanden, was ich dir versuche zu erklären? Es ist NICHT deine Schuld."

Und ich merke, wie sie plötzlich reagiert. Sie richtet sich auf, hält sich die Tränen zurück, schlingt ihre Arme um meinen Hals und drückt mich so fest ich kann.

Ich will sie weinen lassen, wenn sie muss, sage nichts mehr und halte sie einfach nur fest.... ganz fest.... 

Aber sie will nicht weinen,.... jetzt im Nachhinein habe ich mir überlegt ihr zu erklären, dass sie bei mir immer weinen kann, wenn ihr danach ist. Dass dies gesünder ist, als so etwas zu schlucken, weil sich da sonst ein großes Tränenmeer in einem sammeln kann, und das wird dann irgendwann zu schwer zum Tragen für sie.

Es ist aber auch so, dass ich 10 min, und wenn es sich ergibt  maximal 15min durchgehend solche Gespräche mit ihr führe. Ich habe dann immer das Gefühl, es wird ihr sonst Zuviel und sie kann das auch gar nicht mehr aufnehmen. Aber regelmäßig muss es sein. Dass sie sich trotz allem immer und immer mal die Schuld bei sich selbst sucht, habe ich letztens lernen müssen.  Dies wurde mir auch gestern von einer Kinderpsychologin die ich aus einem anderen Grund traf, bestätigt. DAs kommt immer wieder hoch bei den Kindern. Es muss/sollte in regelmäßigen Abständen mit den Kindern wiederholt werden, die ein Elternteil haben, das psychische Probleme hat.

 

Vielleicht stößt es einigen sauer auf, dass ich die Posttraumatische Belastungsstörung als Krankheit für das Kind bezeichnet habe.

Ich eigentlich selbst ein Mensch der sich nicht gerne als krank bezeichnet. Aber ich wüsste mir für so ein kleines Kind keine bessere Möglichkeit es zu erklären. Kinder denken in ganz einfachen Strukturen.

Wie zB Krank - Gesund.

Und dass meine Psyche nicht gesund ist, kann ich nicht leugnen.

Es ist ausgesprochen wichtig, dass Kinder lernen ihre Wahrnehmungen sind richtig. Es ist schlimm für ein Kind, wenn man heile Welt vorspielen möchte, und sie genau wissen, eigentlich genau spüren, dass dem nicht so ist.

Als ob man ihnen ein Puzzle zum Spielen vorlegt, in welchem die Teile fehlen, damit das Kind versteht was es da sieht. Wer will mit einem Puzzle spielen, welches nicht nur nicht komplett ist, sondern auch noch genau die Teile fehlen, um zu sehen, was es überhaupt darstellen soll?

Jetzt stell dir mal vor, es wird dir immer wieder vorgelegt, du willst es schon gar nicht mehr sehen und die Teile die du hast am liebsten auf den Mond schießen, weil es dich zum Verzweifeln bringt. Sie legen es dir so hin, als ob es komplett wäre, aber du kannst es nicht fertig stellen und zweifelst langsam an deinem Verstand. Dann gibt es meist zwei Möglichkeiten wie du reagierst. du lässt es unvollständig liegen. Du ziehst dich zurück, es macht dich unendlich traurig, oder gefühllos, Hauptsache du musst dich nicht mehr mit diesem "kaputten" Spielzeug beschäftigen.

Oder du wirst wütend, weil du weißt es ist alles nicht richtig. Du weißt zwar nicht ob du auf dich selbst wütend sein sollst, weil du es nicht hinbekommst, das zu sehen, was sie dir sagen was du sehen solltest, oder aber auf diejenigen die dir das "zerstörte" Spiel immer wieder vor die Füße klatschen, weil du instinktiv spürst, sie lügen dich eigentlich nur an.

Genau so geht es diesen Kindern. Es werden meistens wütende oder sehr traurige Kinder. Oder eine Mischung.

Meine Große hat manchmal diese wütende Seite, aber noch öfter die traurige, wo sie glaubt sie muss sich selbst beruhigen mit lutschen an allem möglichen. Oder ich sehe, wie sie eine Zeitlang nur weinende Gesichter malt, oder ein Pixi Büchlein, in welchem jeden Tier und jedem Wesen Tränen, lange Tränen gezeichnet werden. Aber dann schau ich hin, merke ihre Not, und setz mich mit ihr bei nächster ruhiger Gelegenheit zusammen ...

Erinnere sie: es ist NICHT deine Schuld...

 

Als ich also vorgestern merkte, dass sie nicht weinen wollte vor mir, und ich nicht noch mehr Druck machen wollte in dem ich sage, weine jetzt, das ist okay,... (Das war mir für einen Abend dann doch viel...)

sagte ich ihr noch etwas anderes...

Ich löste sie leicht von mir, ließ sie auf meinem Schoß sitzen und schaute sie direkt an.

"Weißt du Schatz, es ist NICHT deine Schuld wenn es mir nicht gut geht. Es ist sogar so, dass ihr es mir leichter macht."

Sie schaute mich interessiert an, und ich merkte, das verwunderte sie jetzt.

"Ihr seid doch  meine Goldschätze. Du und deine Schwester seit mir das Wichtigste auf der Welt. Dadurch dass es euch gibt, geht es mir viel besser. Ohne euch würde es mir schlechter gehen. Ihr helft mir also, nur indem ihr da seid, dass ich eure Mama sein darf. Verstehst du was ich dir sagen möchte?"

Ja, sagt sie und schmiegt sich wieder an mich... nach einer Minute oder so, löst sie sich schon wieder von mir, und wir schauen uns weiter ein anderes Kinderbuch an. Aber ich merke auch, wie sie leichter wirkt. Ich kann das dann förmlich spüren. Sie hat auch die Art dann etwas lauter zu reden. (sie redet ohnehin laut... :-D)

Aber es ist deutlich wahrzunehmen, dass es ihr hilft.

 

Ja, ich versuche mein Bestes und ich vertraue da auf meinen Mutterinstinkt, meine Erfahrungen, und meinen Gefühlen, welche sich immer noch in so ein kleines Kind hineinversetzen können, als wäre ich erst letzte Woche noch fünf Jahre alt gewesen.

 

Ich hoffe ich mache das richtig. Mein Bauchgefühl sagt diesbezüglich JA.

 

Herzliche Grüße

Eure Smart Craving

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