Was für eine Kunst...

Menschen die PTBS haben, fühlen sich oft so schwach, wehrlos, ausgelaugt,... für nichts Kraft.

Dabei übersehen wir oft, wie stark wir doch sind. Es muss uns erst einmal bewusst werden, WIEviel Power wir für die PTBS brauchen, um weiter zu funktionieren.  Wir haben nur nie gelernt es in die Richtung zu leiten wo wir sie nun eher brauchen würden. Immer noch im Überlebensmodus scheint unsere Seele tief in uns drinnen noch der Meinung zu sein, dass wir nicht in Sicherheit sind.

 

21.04.2017 

Vor einigen Tagen erst erstaunte es mich, da es mir dieses mal bewusst wurde, was für eine Kunst wir beherrschen. Doch auch wenn der Verstand es gelernt hat zu begreifen, dauert es noch eine ganze Weile bis es auch im Herzen ist und somit alles leichter wird.

Letztes Wochenende war Ostern, und die meiste Vorbereitung dessen mache natürlich ich als Mutter. Auf all die Dinge die noch zusätzliche Baustellen für mich darstellen, bekam ich Sonntag heftige Migräne. Ich habe mittlerweile gute Medikamente dagegen, nichts desto trotz gibt es Nebenwirkungen.  Die Nächte waren dagegen schlimmer. Ich bin bis zu sechs oder sieben Mal hoch geschreckt, mit Albträumen, welche ich früher viel, viel häufiger hatte. Nur an einen einzigen kann ich mich erinnern, da ich so erschrocken bin und wirklich dachte ich hätte mich nun real ins gesamte Bett übergeben.

Im Traum hatte ich ganz fürchterlichen Würgereiz und schreckliche Übelkeit. Plötzlich kam etwas hoch, etwas dickes, dunkles, ekliges,.. so dickflüssig, dicker als weicher Grießbrei, dass ich das Gefühl hatte, ich ersticke daran. Im nächsten Moment bin ich aus dem Traum hochgeschreckt, als würde ich sterben müssen. Schockiert traute ich mich in den ersten zwei, drei Sekunden nicht meine Bettdecke anzufassen, da ich mir nicht sicher war, ob es wirklich passiert sei, und ich nun irgendetwas schrecklich, ekliges auf meiner Bettdecke ertasten würde.

Trotz des darauffolgenden Tages mit Kopfschmerzen und anschließendem, starken Schwindel (einer der Nebenwirkungen der erwähnten Tabletten), trotz dessen, dass ich sobald ich was sprach, das Gefühl hatte innerlich zu ersticken, merkte niemand etwas. Ich sprach als ob ich Luft bekäme. Lächelte mit viel Kraft sogar meine Kinder an, und spielte mit ihnen.

Kinder sind sehr feinfühlig. Ich fürchte die bekommen unbewusst alles mit. Viel mehr als es jemals mein Ehemann könnte.

Wir hatten auch noch einen Familienbesuch vor uns. Die Nebenwirkungen der Tabletten halfen, dass ich mir nicht soo viel Mühe geben musste. Irgendwann ging es mir tatsächlich besser.

Am nächsten Morgen (Ostermontag) wäre der nächste Familienbesuch gewesen. Ich hatte eine gute Idee wie ich mich davon befreien konnte. Mein Mann war alles andere als begeistert davon, und versuchte es sogar mit Erpressung, aber es gelang ihm nicht. Nachdem ich ein sehr gutes Argument gefunden hatte, nicht mitfahren zu müssen, ließ ich mich nicht mehr davon abbringen.

Ganz sicher wirkte ich stark, aber innerlich rang ich um Luft. Aber keiner konnte es sehen oder auch nur ansatzweise merken.

Ja, es ist eine Kunst, innerlich vor dem Ertrinken zu sein, und Äußerlich weiter zu funktionieren als wäre nichts...

Ich gehe langsam auf die 40 zu, und ich merke wie es langsam seinen Tribut fordert...

Seit jeher hatte ich auch ein Problem mit dem Essen. Entweder zu wenig (Diät) oder Zuviel (Zunahme.. JOJO Effekt)

Meistens kämpfe ich gegen das Übergewicht, da ich immer viel gegessen habe, wenn es mir nicht gut ging.  Seit ungefähr um das letzte Wochenende rum, hat sich das zum ersten Mal in meinem Leben sehr verändert. Ich bekomme immer mehr ein Problem mit dem Essen. Bis vor kurzem, hatte ich einen großen, grauen Rucksack. Ein Versteck nur für mich. Ich war quasi Zuckersüchtig!  Er war bis oben hin voll mit Süßigkeiten. Schokolade, Riegel, Pralinen, usw,...  Jedes Mal wenn ich in ein Geschäft ging, und mich etwas ansah, kaufte ich ein, mit Geld, dass ich eigentlich sparen müsste. Trotz dessen, hörte ich auf zuzunehmen. Ich blieb bei ca. 79 kg, bei 165cm stehen. (Mein Höchstgewicht lag, nach falschen Medikamenten für mich, bereits auf 88 kg)

Ich hortete das Zeug, und aß jeden Tag,... bald nur noch diese Dinge und sonst nichts "Normales".

Natürlich frage ich mich, ob es auch was körperliches sein könnte, dass mein Körper zum ersten Mal so gegenteilig reagiert. Ich habe angefangen mich vor süßen Dingen zu grausen. Ekeln möchte ich noch nicht sagen, wenn ich tief in mich rein gehe. Ein paar Bissen gehen manchmal immer noch. Aber ich  merke ich darf nicht darüber nachdenken. Alleine wenn ich mir vorstelle, wie die Schokolade in meinem Mund zerschmelzen würde, kommt eine richtige Abneigung dagegen in mir hoch. Das allererste Mal in meinem Leben. Ich habe schon ab und zu mal gehungert, oder aus Angst vor Zunahme, mich immer wieder mal übergeben. Essstörung hatte ich definitiv.

Seit einigen Tagen weitet sich das Ganze aus. Immer mehr habe ich auch ein Problem mit Fett. Chips, Sahnesaucen, ..... Fleisch wird auch langsam zum Problem. Rückblickend geht das alles sehr schnell.

Wenn ich mir überlege, was ich schon alles erlebt habe, wundert mich der momentane Auslöser. Es scheint nichts wirklich außergewöhnlich Schlimmes passiert zu sein. Ich kann es nicht recht  zuordnen, und doch esse ich von Tag zu Tag weniger. Das Interessante ist, dass ich immer noch rund 77 kg habe, und nicht weiter abnehme... Ich vermute, dass der Körper auf Grund der urzeitlichen Biologie seinen Stoffwechsel stark runter geschraubt hat, damit ich lange von meinen Fettreserven zehren kann. Nun, das wäre ja was Gutes, wenn ich noch länger dieses Nahrungsaufnahmeproblem haben sollte, bzw. sich dieses ausweitet.

 

Durch die schlechte Energiezufuhr derzeit, ist auch  mein gesamtes Verdauungssystem beeinflusst. Die Angst sitzt sowieso in meinen Gedärmen und in der Brust, und nun kommt auch das noch hinzu. Mein ganzer Bauch fühlt sich ständig so angespannt an, obwohl er schon kleiner geworden ist. Es arbeitet da drin manchmal so stark, dass ich das Gefühl habe ich hätte Kindsbewegungen in mir, als ob ich im 5. Monat schwanger wäre.

(Nein, nein.. eine Schwangerschaft ist definitiv ausgeschlossen... :)

Vermutlich habe ich zu viel Luft im Bauch, die sich da durchschlängelt, durch die wenige Nahrungsaufnahme.

 

Ich habe einfach das Gefühl, dass ich durch das jahrzehntelange Funktionieren müssen, langsam an Kraft verliere. Wir haben im Haus auch einen Bau. Wir bauen bereits seit über vier Jahren. Die Beziehung ... nun ja.. wir haben heuer eine Paartherapie angefangen,... aber das ist eine andere Geschichte.

 

Auch wenn man mir oft die Tonnen Gewicht meinem Gesicht ansieht, die ich  mit mir rumschleppe, funktionierte ich doch irgendwie immer weiter,....

Wie stark wir doch sind, wieviel Energie in uns steckt. Wir müssen nur lernen, sie in die richtige Richtung leiten zu können.

Irgendwie und irgendwann dem schwer verwundeten und immer noch blutenden Teil in uns drinnen verständlich machen: es ist vorbei, wir sind in Sicherheit.

 

Es grüßt euch von Herzen,

Smart Craving

 

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Kommentare: 2
  • #1

    christine (Dienstag, 01 August 2017 02:34)

    Bemerkenswert wie du schreibst! Ich hab mir beim lesen so oft gedacht du schreibst mir aus der Seele. Es stimmt wohl, mit ptbs zu leben ist ein kraftakt, ich finde auch das ständige funktionieren extrem anstrengend, nach aussen sichtbar vor anderen dazustehen und innerlich fast zerbrechen....
    und da kommt wieder dieser Wunsch nach Leben nach dem Überleben

  • #2

    Smart Craving (Dienstag, 08 August 2017 10:47)

    Liebe Christine!

    Entschuldige, dass es solange gedauert hat mit dem Antworten!
    Ich bin mitten im großen Siedeln, und habe buchstäblich noch zwei Baustellen in Arbeit. Es wird wohl noch rund einen Monat dauern, bis ich hier wieder regelmäßig schreiben kann. Ich freue mich sehr, wenn ich Menschen damit erreichen kann... wie oft fühlt man sich ja doch so einsam innerlich,...
    Hoffe dich erreicht die Nachricht noch!
    Liebe Grüße
    Smart